Hallo meine Lieben in Deutschland,
zuerst einmal: ich bin gut in Südafrika angekommen und ich liebe das Land jetzt schon! Der Abschied von meiner Familie am Bahnhof in Münster fiel mir jedoch sehr schwer, aber ich freue mich schon darauf, sie im Februar wieder zu sehen. Der Flug dauerte ungefähr 10 Stunden und er war sehr angenehm, denn ich hatte einen Platz in der ersten Reihe und dann noch am Fenster! Allerdings konnte ich wahrscheinlich aufgrund der großen Aufregung nur sehr wenig schlafen. Während des Fluges haben wir zuerst ein warmes Abendessen mit südafrikanischem Wein bekommen. Zum Frühstück gab es allerdings auch warmes Essen, genauer gesagt Würstchen, was dann eher weniger genießbar war. In den darauf folgenden Tagen musste ich jedoch schnell feststellen, dass es für die Südafrikaner keine Seltenheit ist, zum Frühstück warmes Essen (meistens Würstchen mit dem Nationalgericht Pap = Maisbrei) zu servieren. Als wir ungefähr um 7 Uhr morgens in Johannesburg ankamen, hat uns ein Bus mit einer Reiseführerin abgeholt, die uns einiges über das Land erzählt hat – dazu aber später mehr. Der Bus sollte uns zuerst zu einer Farm, die Manzini Farm bringen, die in der Nähe von Potchefstroom, mein neues zuhause für das kommende Jahr, liegt und auf der wir die ersten zwei Tage verbringen sollten. Während der Fahrt konnte ich schon die ersten Eindrücke von Südafrika gewinnen. Zunächst ist die Natur in Südafrika sehr sehr trocken, da es nur selten regnet. Daher gibt es in Südafrika – zumindest in der Region um Johannesburg herum – größtenteils kein grünes, sonder nur gelbliches/bräunliches Gras, was eher vergleichbar mit Stroh ist. An der Cap-Region ist dies jedoch ein bisschen anders, da es dort öfter regnet. Zudem ist die Erde in Südafrika eher rötlich und sehr staubig und es gibt wenige Bäume mit grünen Blättern, wie wir sie von Deutschland aus kennen. Auffällig an den Autobahnen ist zudem noch der viele Müll, der an den Straßenrändern herum liegt und alle paar Minuten sieht man Menschen (ausschließlich schwarze Südafrikaner) am Straßenrand herumsitzen – dies liegt größtenteils an der hohen Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Armut. Auf dem Weg zu der Farm sind wir zudem an Teilen des größten und bekanntesten Townships in Südafrika – Soweto – vorbei gekommen. Man konnte nur von weitem die kleinen Wellblechhütten erkennen, die notdürftig zusammengebaut wurden und von Müll umringt waren, doch das hat mir schon gereicht, um geschockt und entsetzt zu sein. Eine so große Armut habe ich bisher in meinem Leben noch nicht hautnah gesehen und bis dahin war dies für mich auch unvorstellbar. Sehr auffällig war zudem schon schnell der berühmte Unterschied zwischen den verschiedenen Schichten in Südafrika. So kann man auf der einen Seite der Autobahn Townships mit Wellblechhütten erkennen und auf der anderen Seite die reichen Wohnvierteln mit großen Steinhäusern wie sie bei uns in Deutschland zu finden sind.
Während der Fahrt hat uns die Reiseführerin viel über die Probleme in Südafrika erzählt. Zum Beispiel haben viele arme Frauen vor einigen Jahren ihre Babys sehr oft selbst illegal abgetrieben oder haben sie nach der Geburt irgendwo ausgesetzt, da sie nicht ausreichende finanzielle Mittel besitzen, um sich selbst und das Baby ernähren zu können. So beendeten viele Südafrikanerinnen ihre Schwangerschaft mit Gift oder spitzen Gegenständen. Um dies zu verhindern, bekommt nun jede Frau für ein Kind ein geringes Kindergeld von der Regierung (ungefähr 300 Rand = 20 Euro). Doch mit diesem Kindergeld sind weitere Probleme entstanden, denn viele Eltern nutzen das Geld für ihren Alkohol- oder Drogenkonsum und nicht für den Einkauf von Nahrungsmitteln. Zudem ist die Geburtenrate seit der Einführung in Südafrika deutlich gestiegen und immer mehr Kinder müssen in Armut leben und sie werden nicht ausreichend gefördert, um eine gute Schulausbildung und später einen Beruf erlangen zu können.
Als wir an einem sehr alten und großen Friedhof vorbeigefahren sind, hat uns unsere Reiseführerin viel über Beerdigungen in Südafrika erzählt, was ich sehr interessant fand. So ist es für die Südafrikaner zum Beispiel eine Katastrophe, wenn sie den Leichnamen eines Verwandten nicht beerdigen können, wie es vor ca. 7 Wochen der Fall war, als einer der Goldminen in Südafrika eingestürzt ist und somit viele Arbeiter begraben hat, denn für die Südafrikaner ist es sehr wichtig, die Seele des Verstorbenen durch die Beerdigung des Leichnams zurück zu holen. Diese Bedeutung ist nicht nur für die älteren, sonder vor allem auch für die jungen Menschen in Südafrika besonders relevant und insgesamt spielt die Kultur und die Religion im Leben vieler Südafrikaner eine besonders große Rolle. Zu einer Beerdigung kommen übrigens in Südafrika nicht nur Blutsverwandte, sondern auch Namensverwandte. Also wer den gleichen Nachnamen wie der Verstorbene hat, obwohl er nicht mit diesem verwandt ist, wird er ebenfalls zur Beerdigung eingeladen. Daher werden bei einer Beerdigung die Straßen der Townships auch oft teilweise gesperrt, weil die „Häuser“ (größtenteils sind es Wellblechhütten) in den Townships zu klein sind, um so viele Menschen bei der anschließenden Feier unterbringen zu können.
Nach der ca. 2 Stunden andauernden Busfahrt kamen wir dann endlich auf der Manzini Farm an, auf der wir die ersten beiden Tage mit ein paar Seminarstunden verbringen sollten. Die Farm befand sich ungefähr irgendwo im nirgendwo, aber das Gelände und die einzelnen Strohhütten waren wirklich sehr schön – so wie man sich Afrika meiner Meinung nach vorstellt 😀 Aber schaut selbst auf den Bildern!
Auf der Farm gab es sogar einen Naturpool, aber es war einfach zu kalt um diesen ausprobieren zu können. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, dass es in Südafrika doch nicht kalt sein kann, aber ich kann euch versichern: es ist SEHR kalt – zumindest wenn die Sonne weg ist. In Südafrika haben wir gerade Winter, aber der Winter ist nicht vergleichbar mit dem Winter in Deutschland. Tagsüber, wenn die Sonne scheint, ist es ziemlich warm und man kann in kurzen Sommersachen herumlaufen. Aber sobald man in den Schatten oder ins Haus geht, ist es sehr kalt. Bezüglich der Anziehsachen ist dies teilweise echt nervig und entweder friert man oft oder es ist einem viel zu warm. Und nachts kühlt es sich natürlich am stärksten ab (es kann bis zu 1 Grad werden) und ich bin nun sehr dankbar dafür, dass mir meine Eltern einen Schlafsack geschenkt haben, denn die Häuser in Südafrika – besonders die auf der Farm – sind nicht besonders gut isoliert und durch die Fenster zieht es oft. Insgesamt ist es also am besten, den ganzen Tag im Lagenlook herumzulaufen 😀
Mit einem Lagerfeuer und einem Springbookie (einer der alkoholischen Lieblingsgetränke der Südafrikaner) und einer kleinen afrikanischen Band, die viele Lieder auswendig und spontan mit Trommel und Gitarre begleiten konnte, wurde der erste Tag auch schon beendet. Ein Springbookie ist übrigens ein Shot mit Minzschnaps und Amarula. Jedoch muss ich noch zugeben, dass ich am ersten Tag in Südafrika ziemlich starkes Heimweh bekommen habe, was ich zuvor eigentlich nicht gedacht hätte. Meine Mama meinte zu mir, dass das der „Kulturschock“ wäre, aber ich vermisse meine Familie schon sehr, aber ich hoffe, dass das Heimweh in den nächsten Tagen ein bisschen besser wird. Wahrscheinlich muss ich auch erstmal richtig hier ankommen und mich einleben…
Am nächsten morgen durfte ich auch wieder zum Frühstück Würstchen mit Pap genießen… Insgesamt ist es auch sehr typisch für die Südafrikaner, warm, viel und sehr süß zu essen. Also wenn ich nicht aufpasse, komme ich in einem Jahr mit 5kg mehr auf den Hüften zurück…Da ich aber nicht so der Fan von dem süßen Essen hier bin, wird das wahrscheinlich eher nicht so der Fall sein 😀 Aber hier ist wirklich alles sehr süß, sogar das Bier schmeckt wie Apfelsaft und der normale Fruchtsaft schmeckt nach Zucker pur. Unser Seminarprogramm für den heutigen Tag war eine Erinnerung an unser Sicherheitsbriefing, was wir machen dürfen und eher vermeiden sollten, um uns nicht in Gefahr zu bringen, denn diese darf man in Südafrika nicht unterschätzen. Danach durften Anna, Lino und ich zum ersten mal unsere Projektleiterinnen kennen lernen, die sehr nett und herzlich zu uns waren, aber zu meinem Projekt und zu meinen Projektleiterinnen kommt die Tage noch ein ausführlicher Blogeintrag, da dieser Blogeintrag sonst wirklich zu lang wird 😀 Nachmittags durften wir dann entweder Bubble Football oder eine Art Bogenschießen-Paintball spiel, was sehr viel Spaß gemacht hat.
Statt einem normalen Abendessen fand anschließend ein Braai (Grillfest) mit seeeehr viel Fleisch – wieder typisch für die Südafrikaner – Mais, Salat und einem mit Käse und Speck überbackenen Brot statt. Davon habe ich leider aber kein Foto gemacht, weil ich zu hungrig und das Essen wirklich zu lecker war. Besonders das Fleisch ist nicht vergleichbar mit dem in Deutschland und es gehört einfach zu der Kultur in Südafrika dazu. So wird das Konzept „Vegetarier“ hier auch nicht ganz verstanden, nachvollziehen können die Südafrikaner Vegetarier schon gar nicht und einem wird oft Hühnchen als vegetarischen Ersatz zum Fleisch angeboten 😀
Kurz nach dem Essen wurde uns von den Tanzgruppen aus den anliegenden Kinderheimen wie das Abraham Kriel Center ein GumBoot Tanz (ein Tanz mit Gummistiefeln) vorgeführt. Die Jungs, die den Tanz uns zeigten, waren noch recht klein und so sah der Tanz sehr niedlich aus. Danach traten die Mädchen mit einem „normalen“ Tanz auf, wobei das normal eine große Untertreibung ist, da die Kinder sich unglaublich gut bewegen konnten und Lebensfreude pur dabei ausstrahlten. Nach ihrem Tanz wurden wir dann von drei schwarzen südafrikanischen Frauen traditionell angemalt und bekamen Kopftücher aufgesetzt. Weiße Südafrikanerinnen malen sich übrigens keine Zeichen oder Malereien ins Gesicht.
Mit diesen Erlebnissen endeten dann auch die ersten Tage auf der Farm und am nächsten Tag ging es dann für mich und für einige meiner Mitfreiweilligen weiter nach Potchefstroom. Dazu mehr bei meinem nächsten Blogeintrag.
Bis dahin ganz liebe Grüße nach Deutschland! – eure Hannah 🙂